Häufig gestellte Fragen

In meinen Sprechstunden werden häufig ähnliche oder gleiche Fragen gestellt, die vor allem die Abfassung schriftlicher Hausarbeiten betreffen – zumal wenn es sich um die erste literaturwissenschaftliche Hausarbeit in der jeweiligen Studienlaufbahn handelt. Ich möchte hier versuchen, wenigstens die Grundzüge meiner Ratschläge knapp aufzuführen. Vielleicht hilft ja schon diese erste Orientierung weiter.

Bisher ist der folgende Fragenkatalog zwar einerseits schon an den tatsächlichen Erfahrungen in meinen Sprechstunden orientiert, aber andererseits nur aus dem Gedächtnis geschrieben. Deshalb möchte ich hiermit darum bitten, mir alle wichtigen, aber im Folgenden noch nicht beantworteten Fragen zu schriftlichen Hausarbeiten, Referaten, zu Abschlußprüfungsthemen oder Prüfungsgebieten, zu Teilgebieten und Studienordnungen per email zuzuschicken. Die Fragen werden dann sofort beantwortet, können dann aber auch sogleich in diesen Fragenkatalog eingearbeitet werden.


FrageAntwort
Nach welchen Kriterien soll ich mich für ein Thema für eine schriftliche Hausarbeit oder ein Referat entscheiden?Am allerwichtigsten ist die »Lust am Text«. Diese ist unabdingbare Vorbedingung eines erfolgreichen Abschlusses einer Arbeit. D.h. im Klartext: Man sollte niemals einen Text bearbeiten, den man nicht mag. Es muß so etwas entstehen oder existieren wie eine affektive Beziehung zum Text, wenigstens Interesse, im besten Falle Auf- oder Erregung, Spannung oder Rührung.
Wie genau umgrenzt sollte das Thema einer schriftlichen Hausarbeit sein?Ganz genau! Und dazu ist ein intensiver Sprechstundenbesuch nötig. Drama oder Roman, oft sogar ein einzelnes Gedicht, müssen je nach Aufgabenstellung und eigener Schwerpunktsetzung reduziert werden auf eine überschaubare, handhabbare Textmenge. Nur ein bestimmter Ausschnitt dieses Textes soll in den Vordergrund der Beschäftigung treten, ein paar Szenen oder Figuren, vielleicht nur das erste Kapitel eines Romans, die Durchführung eines bestimmten Motivs oder ähnliches. 
Mit dieser Reduzierung des textlichen Gegenstandes, seiner Beschränkung auf einen relativ kleinen Umfang ist die erste große Gefahr beseitigt, der eine jede schriftliche Arbeit sich ausgesetzt sieht: Sich am Gegenstand zu verzetteln, in der Weite eines Themas sich zu verlieren.
Wie gehe ich überhaupt an so ein Thema heran?Die wichtigste Voraussetzung für eine gute, für einen selbst (und natürlich auch für Dozentin oder Dozent) spannende und damit erfolgreiche Hausarbeit ist die intensivste Erarbeitung des Primärtextes. Das Ziel der Arbeit mit dem Primärtext lässt sich ganz einfach formulieren: Die mehr- oder vielfache Lektüre des Textes führt zu einem nach und nach immer intensiveren Verständnis des Textes; ein Verständnis, das in die Lage versetzt, ein zugleich beschreibendes und schon analytisches Bild des Textes zu erlangen. Das bedeutet konkret: Lesen, wiederlesen, wiederlesen! Mit Bleistift! Und vielen Notizen im Text oder auf Zettel! Zu allem, was mir auffällt zu Figurencharakteristik, -konstellation, einem bestimmten Motiv, Stilistik, Erzählhaltung, Landschaftsgestaltung oder wie immer das genaue Thema lautet. All diese Beobachtungen münden in einen ersten selbstgeschriebenen Text: Die Textbeschreibung, deren Ziel
immer eine Verständnishypothese ist, die das Ergebnis der individuellen Lektüre und Aneignung des literarischen Textes darstellt, das begründete Resultat eines eigenständigen, individuell lesenden Zugangs zum Text.
Was aber mache ich, wenn ich nach der Texterarbeitung 50 Seiten Material und Notizen habe und nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht?Auf keinen Fall verzagen! Unbedingt die nächste Sprechstunde aufsuchen! Gemeinsam mit der Dozentin oder dem Dozenten ist es oft nur ein kleiner Schritt von einer meist phantastisch-vielfältigen und spannenden Materialsammlung zu einer guten Konzeption. Vor der Sprechstunde aber sollte man versuchen, relativ genau die eigenen Probleme mit der Fülle des Materials artikulieren zu können.
Wann soll ich Sekundärliteratur hinzunehmen?Erst nach der genauen Erarbeitung der Primärliteratur! Der Zugang zum Text darf nie über die Sekundärliteratur gewonnen werden, deren Lektüre Raster im Kopf festsetzt, die die Wahrnehmung des Textes selbst steuern und damit das Lektüreergebnis relativ vorhersagbar, im schlimmsten Falle schematisch und langweilig werden lassen. Das Ergebnis eigenen Lesens ist der Ausgangspunkt für die Lektüre der Forschungsliteratur, erst jetzt kennt man den literarischen Gegenstand der eigenen Arbeit so gut, daß man kompetent mit der Forschung in Diskussion eintreten kann!
Wieviel Sekundärliteratur muß man für eine Proseminararbeit lesen und erarbeiten?Eher wenig! Bibliographien zu vielen Hausarbeitsthemen können schier unendlich groß werden. Sie enthalten dann aber auch viel total Veraltetes, viel Überflüssiges oder überhaupt nicht Einschlägiges. Entleihen, kopieren, erarbeiten, benutzen und zitieren sollte man nur die Forschungsliteratur, die wirklich einschlägig ist. Eine solche Liste sollte unbedingt in der Sprechstunde oder per Email abgesichert werden. Im Normalfall wird sie bei einer Proseminararbeit 5-10 Titel enthalten.
Was mache ich, wenn ich bei der Erarbeitung der Sekundärliteratur immer auf weitere Forschungsbeiträge verwiesen werden und mich irgendwann im Wust der Forschung verliere?In die Sprechstunde kommen! Die Dozentinnen und Dozenten können meist sehr gut überblicken, welche Titel tatsächlich für das Thema notwendig sind, und geben hilfreiche Tips. Außerdem sollte man sich einen Zeitpunkt bei der Abfassung der Hausarbeit setzen, zu dem man sich vornimmt, keine neue Sekundärliteratur mehr hinzuzunehmen!
Wie lese ich Sekundärliteratur?Langsam, systematisch, intensiv und mit Bleistift: Schon bei der ersten Lektüre Grenzen zwischen Sinnabschnitten und Argumentationsschritten des Aufsatzes markieren. Dann, direkt in den Computer hinein, ein Exzerpt verfertigen: Sinnabschnitt für Sinnabschnitt die zentrale These entweder rausschreiben oder mit eigenen Worten formulieren. Nicht vergessen: An jede exzerpierte These Autor und Seitenzahl der Stelle angeben.

Das macht man mit jedem Aufsatz so intensiv!
In welchem Verhältnis sollen eigene Analyse und Interpretation zur Darstellung der Sekundärliteratur stehen?Mit quantitativen Angaben ist das nicht zu beantworteten. Grundsätzlich sollte die Arbeit einen Dialog führen zwischen der eigenen Lesart und Interpretation des Primärtextes und den verschiedenenen Stimmen der Forschungsliteratur. Die Ergebnisse eigener Lektüre- und Deutungsarbeit sollen auf jeden Fall als solche erkennbar sein ­ auch wenn man später, bei der Erarbeitung der Forschungsliteratur merkt, daß schon andere auf diese Deutungsidee gestoßen sind. In einem solchen Fall aber sollte man in einer Fußnote anmerken, daß die selbsterarbeitete Deutung durch die Veröffentlichungen von x und y gestützt werden. Wenn die ein oder mehrere Beiträge der Sekundärliteratur der eigenen Deutung widersprechen, gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Man hält seine eigenen Argumente für besser, stichhaltiger, genauer am Text begründet und setzt damit die eigene Deutung gegen die widerstreitenden durch; 2. man erkennt, daß die Argumente der anderen besser sind, daß man selber über entscheidendes Detailwissen nicht verfügt hatte ­ und arbeit Ergebnisse der Forschung in die Darstellung ein. In der Forschung selbst existieren aber häufig einander widersprechende Deutungen oder Argumente: Diese Forschungsdiskussion kann in der eigenen Arbeit ebenfalls dargestellt werden.
Muß ich mich für meine Arbeit für eine der literaturwissenschaftlichen »Methoden« entschieden haben?Auf keinen Fall! In den allermeisten Fällen, in denen dies geschieht, ist die Angabe einer der literaturwissenschaftlichen »Methoden« mindestens eine überhebliche Anmaßung, ein nicht einzulösender Anspruch! Es ist zudem meist völlig unsinnig, einen literarischen Text aus der Perspektive nur einer Methode betrachten zu wollen. Methoden stellen nur Instrumente bereit, mit denen verschiedene Aspekte und Beschreibungsebenen eines Textes je unterschiedlich erarbeitet werden können. Immer ist es der Text selbst, der artikuliert, mit welchem methodologischen Instrumentarium er (oder meistens: nur bestimmte Passagen, Bilder, Formelemente u.v.a.m.) untersucht werden sollte.
Was ist die Methode meiner Arbeit?Die Methode der eigenen Arbeit ist immer der Weg, den diese Arbeit zurücklegt zu ihrem Darstellungs,- Deutungs- oder Interpretationsziel. Nicht mehr und nicht weniger!
Wie sind die ganz äußeren, formalen Bestimmungen für eine Hausarbeit?In der NdL in Bochum gelten einheitliche Regelungen bzw. Vorschläge für die äußere Form der schriftlichen Hausarbeit, ebenso für Fußnoten und Einträge ins Literaturverzeichnis. Sie sind zu finden im style-sheet NdL.
Wie lang soll die Arbeit sein?Eine Proseminararbeit sollte die Länge von 12-15 Seiten im Normalfall nicht überschreiten ­ je nach Dozent(in) können diese Vorgaben natürlich leicht variieren. Kürze, Präzision und scharf gegenstandsorientierte Argumentation sind wissenschaftliche Qualitäten, solche formalen Angaben sind also alles andere als bloße Schikane. Es kann natürlich passieren, daß man während des Schreibens spannende Entdeckungen am Gegenstand macht, die man auch nicht verschweigen müssen will ­ nach Absprache mit Dozentin oder Dozent dürfen Arbeiten auch länger sein.
Soll ich am Anfang so was wie ’ne Dichterbiographie bringen?Auf keinen Fall! Oder zumindest: fast nie! Im Normalfall weiß die Dozentin bzw. der Dozent gut über die Biographie des entsprechenden Autors (resp. der Autorin) Bescheid. Biographische Daten sind nur dann relevant und können in die eigene Arbeit eingebaut werden, wenn sie unabdingbar notwendig sind für die Arbeit am Text selbst, seine Deutung, die Darstellung seiner Entstehung oder sonstiges. Extremstes Beispiel eines biographischen Mißgriffs war eine schriftliche Hausarbeit, die mit einer 15-seitigen Heinrich-Böll-Biographie begann, die zwar nichts mit der in Frage stehenden Erzählung zu tun hatte, in der aber immerhin Bölls Magenschleimhautentzündung von 1954 protokolliert war (auf das genaue Jahr laß ich mich jetzt aber nicht festlegen!).
Darf ich auch etwas Handschriftliches abgeben?Nein! Auf keinen Fall. Die Arbeit mit einer Maschine wird vorausgesetzt. Die Beherrschung des Computers und der gängigen Textverarbeitungsprogramme gehört sowohl zu den im Studium zu vervollständigenden als auch zu den berufsqualifizierenden Fertigkeiten!

Um es ganz klar zu sagen: Die äußere Form einer Hausarbeit – sauber geheftet oder gebunden, klares Titelblatt, sauberes, ungeknicktes Papier, aber auch sorgfältig gearbeiteter Text, der verantwortungsbewußt korrigiert worden ist u.v.a.m. – zeigt uns Dozentinnen und Dozenten, daß Sie die Arbeit ernst nehmen und daß sie Ihnen etwas wert ist. Nur so können Sie erwarten, daß wir Ihre Arbeit auch ernst nehmen und sie – lesend und bewertend – wertschätzen!